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Neues aus dem Freundeskreis Akademiearbeit in den Augen der Stasi

Die Evangelischen Akademien – sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands – hielt die einstige DDR-Führung für „gefährlich“. So steht es unter anderem in den mehr als 400 Seiten der Stasi-Unterlagen über die Evangelische Akademie Tutzing, die mittlerweile vorliegen. Sie sind Thema der Abendveranstaltung „Unter Beobachtung“ am 13. März 2024.

Dass sich die Evangelische Akademie Tutzing seit ihrer Gründung im Jahr 1947 bis zum Fall der Mauer intensiv mit der Deutschen Frage beschäftigt hat, ist bekannt. Schließlich wurde hier im Politischen Club die zwischenzeitlich wieder viel diskutierte Ostpolitik von Willy Brandt und Egon Bahr entwickelt. Darüber hinaus gab es bis zum Ende der DDR vielfältige Tagungen und Studienreisen mit dem Ziel, Begegnungen zwischen Menschen beider deutscher Staaten zu ermöglichen und so den Gedanken der Einheit wachzuhalten. Dass dies dem Staatssicherheitsdienst der DDR ein Dorn im Auge war, ist klar. Unklar war jedoch bisher, ob und wie man in Ulbrichts, Honeckers und Mielkes Staat evangelische Akademiearbeit beurteilte.

Zwischenzeitlich liegen über 400 Seiten der Stasi-Unterlagen-Behörde vor. Doch es dürfte weit mehr gegeben haben. Diese aber wurden bisher entweder noch nicht aufgefunden oder direkt vor oder nach der Wende – von wem auch immer – vernichtet, wie Karteikarten beweisen. Dennoch geben die bisher unveröffentlichten Dokumente Einblick in Methoden und Interessenslagen der Staatssicherheit: Nicht nur Tutzing stand unter Beobachtung, sondern alle anderen evangelischen Akademien in der BRD und der DDR auch. Dies zeigt ein breit angelegtes Dossier, in dem Arbeit und Ziele dieser „Feindorganisationen“ beschrieben werden. Interessant ist dabei, wie sich der Blick in 40 Jahren ideologisch veränderte. Auch was von den „Freunden“ – wie Stasimitarbeiter von Bürgerrechtlern oft spöttisch genannt wurden – wahrgenommen und was von ihnen übersehen oder verschwiegen worden ist. Interessant ist auch, wie oft nur Belanglosigkeiten akribisch notiert, fotografiert und Seiten damit gefüllt wurden.

Eines ist aber auch klar: Evangelische Akademiearbeit hat sich in ihrem Engagement, Ideologien zu hinterfragen und Kontakte zu halten, nicht beirren lassen. Anfang der 80er Jahre intensivierte sie dies hin zu kirchlichen Friedens- und Ökologiegruppen sowie zu Bürgerrechtsinitiativen. Dass man stets auch bereit war, offizielle Stellen der DDR in Diskussionen einzubeziehen, war für diese besonders irritierend und führte zu dem Eingeständnis, Akademiearbeit sei in Ost und West „gefährlich“ und nur „sehr schwierig einzudämmen oder gar zu verhindern“ – ein unfreiwilliges Kompliment und treffendes Zukunftsprogramm zugleich.

Was erfährt man in diesen Akten über Arbeits-, Denk- und Überwachungsweisen von Diktaturen? Worin liegen Stärke von Demokratien und Gefahren für sie? Und warum ist evangelische Freiheit und Unabhängigkeit Antrieb und Voraussetzung von Akademiearbeit? Diesen Fragen geht der frühere Studienleiter und Pfarrer im Ruhestand Willi Stöhr in einer Abendveranstaltung in der Evangelischen Akademie Tutzing nach.

Willi Stöhr war von 1983 bis 1991 Studienleiter der Evangelischen Akademie Tutzing, danach Persönlicher Referent des Landesbischofs, Leiter der Versöhnungskirche der EKD in der KZ-Gedenkstätte Dachau und von 2005 bis 2016 Leiter der Evangelischen Stadtakademie Nürnberg. Er gehört dem Leitungsteam des Freundeskreises Evangelische Akademie Tutzing e.V. in Tutzing an.

Die Evangelische Akademie Tutzing lädt gemeinsam mit ihrem Freundeskreis am Mittwoch, 13. März 2024, 19.00 Uhr zu „Unter Beobachtung: Akademiearbeit in den Augen der Stasi“ (Einlass ab 18.30 Uhr) ins Schloss Tutzing ein.

Weitere Informationen finden Sie hier.

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