Bild „Lebensqualität neu denken – Die Zukunft unserer Gesellschaft“info Icon© Maike Freese-Spott

Neues aus dem Freundeskreis „Lebensqualität neu denken – Die Zukunft unserer Gesellschaft“

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm spricht zum Auftakt der Akademie-Wochen des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Tutzing in Grünwald über „ein gutes Leben“.

Jahrelang hatte der Grünwalder Freundeskreis sich um den evangelischen Landesbischof Prof. Bedford- Strohm bemüht, jetzt kam er tatsächlich! Der Titel seines Vortrags im Evangelischen Gemeindesaal in Grünwald verhieß Anspruchsvolles: „Was ist ein gutes Leben? Theologische Überlegungen zur ökologischen Transformation“.

Wer einen wissenschaftlich trockenen Vortrag erwartet hatte, wurde überrascht. Der Bayerische Landesbischof bescherte dem Publikum im bis auf den letzten Platz gefüllten Gemeindesaal ein Feuerwerk an inspirierenden Gedanken und begeisternden Überlegungen. Er steht, wie er sagte, für eine ausstrahlungsstarke Kirche und was er damit meinte, wurde an diesem Abend deutlich. Mit Charisma, Temperament, Begeisterungsfähigkeit und tiefer Glaubenshoffnung nahm er die Anwesenden mit auf einen rhetorischen Gedankenflug von der Frage, was ein gutes Leben in Zeiten ökologischer Herausforderungen ausmacht bis zu der Notwendigkeit, Liebe in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen und den christlichen Glauben als Basis und Kraftquelle für verantwortungsvolles Handeln zum Schutz der Menschen und ihrer Mitwelt zu verstehen.

Bedford-Strohm stellte die wesentlichen Fragen, gab Antworten und ließ doch viel Raum für die individuellen Überlegungen der Zuhörer, die auch in der Diskussionsrunde im Anschluss an den Vortrag geäußert wurden.

Der Blick auf die Zukunft der Erde ist sehr theoretisch, scheint uns nicht direkt zu betreffen. Aber was geschieht, wenn wir Familie und Freunde in den Fokus unserer Überlegungen stellen, fragte Bedford-Strohm zu Beginn seiner Ausführungen und er wandte sich an jeden einzelnen.

Wie sollen deine Enkel einmal leben, wenn sie so alt sind wie du jetzt?

Wie wird die Erde aussehen, wenn in hundert Jahren Menschen auf unsere Zeit zurückblicken? Was werden sie sagen über unseren Verbrauch von Ressourcen, über unseren Umgang mit der „Mitkreatur“? Über unsere Wegwerf-Kultur und unsere Liebe zum „immer schneller, immer weiter, immer größer“?

Ja sicher, wir sind auf dem richtigen Weg: Wir wissen, dass Umdenken zwingend notwendig ist. Wir machen uns sorgenvolle Gedanken und ändern dennoch unser Verhalten nur in winzigen Schritten. Schritte, die möglicherweise zu langsam sind, zu kurz greifen, um noch rechtzeitig etwas zu bewirken.

Warum ist das so?

Weil ein Umbruch auf der kulturellen und sozialen Ebene, also dort, wo unsere Verhaltensweisen deutlich werden, so unglaublich lange dauert und so schwierig ist.

Weil wir nur den Verstand gebrauchen und ihm nicht zu jeder Zeit und in jedem Moment gehorchen können und wollen.

Doch die Situation der Erde verlangt mehr als das Verstehen. Die Transformation zur Rettung unserer Lebensgrundlagen braucht dringend die spirituelle, religiöse Ebene, so der Bischof.

Wir werden nicht umdenken können, wenn wir unsere Seele nicht mitnehmen. So einfach ist das, was Prof. Bedford-Strohm sagte, und so weltbewegend in seiner Auswirkung. Denn die Seele braucht einen Halt. Braucht Frömmigkeit.

Frömmigkeit? Ja, betonte Bedford-Strohm, Frömmigkeit ist kein Begriff von gestern, sondern ein Zukunftsgedanke, der heute schon greifen muss.  Fromm sein bedeutet, mit der Seele zu verstehen, dass Glück dort beginnt, wo wir das Wohlergehen der Schöpfung als unser innigstes Anliegen erkennen, wo wir die Menschen und ebenso die nichtmenschliche Umwelt gleichermaßen im Blick haben. Die biblische Schöpfungsgeschichte ist nicht historisch zu verstehen, sondern als Auftrag, die Erde zu bewahren. „Macht euch die Erde untertan“ bedeutet nichts anderes, als „Du bist verantwortlich für den Schutz der Erde.“

Das Liebesgebot in der Bibel muss die wichtigste Regel unseres Lebens sein. Es verlangt radikale Liebe. Dann gelingt gutes Leben.

Das klingt nach einem großen Zukunftsprojekt, doch Bedford-Strohm geht es um das Jetzt.

Wie glücklich könnten wir heute schon leben, betonte er, wenn wir das Wohlergehen unserer Enkel ebenso im Auge hätten, wie das Wohlergehen der Menschen auf Pazifik- Inseln, die von Überschwemmungen bedroht sind, weil der Meeresspiegel steigt und steigt!

Die Frage stellt sich an jeden von uns: Was brauchst du wirklich um ein erfülltes, glückendes Leben zu haben? Immer mehr Konsum, immer weitere Flüge, immer größere (E-) Autos?

Oder geht es auch anders? Muss es vielleicht sogar anders gehen?

Kann das Glück nicht viel beständiger aus den Beziehungen zu Menschen, aus sinnvollem Tun, aus der Fähigkeit zu Mitleid und Vergebung und Dankbarkeit kommen? Dankbarkeit, die über das, was wir einander schenken weit hinaus zielt. Bedford-Strohm geht es um Dankbarkeit für das Geschenk der Schöpfung und für eine Seele, deren Sehnsucht durch Liebe und Hoffnungsglauben gestillt wird. Er weist hin auf ein dickes altes Buch, in dem man nachlesen kann, worauf sich Glück und Liebe gründen: Die Bibel.

Es war ein großer Abend, in mancher Hinsicht ein perfekter Abend, den Landesbischof Bedford- Strohm seinem Publikum schenkte.

Wer mehr erfahren will, dem sei das Video des Live- Streams auf dem Youtube-Channel „Thomasgemeinde Grünwald“ empfohlen.

Karin Jacobs-Zander